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Round Table: Expertenrunde über neue Qualitäten in Immobilien

Individualität und Nachhaltigkeit sichern langfristig den (Mehr-)Wert einer Immobilie: Wie die Technik den Wert einer Immobilie verändert und wo die Werthaltigkeit einer Immobilie beginnt – und wo ihre Grenzen liegen.

Unter der Moderation von Walter Senk diskutierten:

  • Franz Gschwantner Architekt, architekt gschwantner zt-gmbh
  • Karlheinz Rink Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der Hersteller von
    Metall-Fenster/Türen/Tore/Fassaden
  • Gerhard Haumer Geschäftsführer first facility GmbH
  • Ernst Kovacs Prokurist und Bereichsleiter für die Projektentwicklung bei Österreich der Raiffeisen evolution

Was bedeutet für Sie Werthaltigkeit der Immobilie?

Haumer: Werthaltigkeit bedeutet, dass ich eine Immobilie so nutzen kann, wie es der Markt gerade benötigt. Die Frage ist: Hat die Immobilie im aktuellen Markt den Wert, den sich der Eigentümer vorstellt? Im besten Fall soll sie den Wert nicht nur behalten, sondern auch gegenüber dem Markt steigern. Dann ist es ein interessantes Investment und eine interessante Immobilie. Das gilt für den gewerblichen Bereich, den öffentlichen und den Wohnbau.

Wenn man Werthaltigkeit messen kann: Wie wichtig sind Zertifizierungen für die Werthaltigkeit?

Kovacs: Was wir entwickeln, müssen wir vermieten und verkaufen und damit haben wir das Regulativ für Werthaltigkeit. Wir müssen zuerst den Mieter überzeugen und danach den Eigentümer. Bei der Due Diligence Prüfung stellt sich letztendlich die Werthaltigkeit heraus. Der Käufer bestätigt durch seine Prüfung ob diese vorhanden ist. Daher hat die Zertifizierung einen Sinn, wenn es sich dabei um ein international anerkanntes Zertifikat handelt, mit dem ich nachweisen kann, welchen Stand der Technik das Gebäude hat.

Rink: Es gibt ja bereits europäische Vorgaben, die eine sukzessive Verschärfung vorschreiben. Es ist allgemein der Trend zu nationalen und internationalen Zertifikaten zu beobachten mit denen Nachhaltigkeit nachgewiesen wird.

Haumer: Es gibt in Europa große Zertifizierungsbemühungen, aber es mangelt noch an einer Vereinheitlichung.

Werden wir eine einheitliche Zertifizierung erleben?

Haumer: Erleben werden wir es sicher, weil wir sie brauchen. Wir würden uns jetzt um vieles leichter tun, wenn wir eine einheitliche Zertifizierung hätten. Ich persönlich vergleiche es immer mit der Diskussion über Videokassetten. Heute diskutieren wir über DVD und da haben wir einen einheitlichen Standard. Wir sind entwicklungstechnisch bei der Videokassette. Es wird sich was tun, auf der europäischen Seite. Da braucht man halt noch einige Diskussionen um einen gemeinsamen Nenner zu finden.


Franz Gschwantner, Karlheinz Rink, Gerhard Haumer und Ernst Kovacs (v.l.n.r.)
Foto: DMV


Unabhängig davon: Was sind für Sie die wesentlichen Entwicklungen im Hochbau, die für die Werthaltigkeit wichtig sind?

Gschwantner: Auf jeden Fall Flexibilität, Nachhaltigkeit und Energieeffizienz, weil ich damit auf lange Sicht den Wert eines Bauwerks erhalte. Bei den Materialien ist der ökologische Aspekt auch sehr wichtig. Hier kommen wir weg von der Chemie hin zu idealerweise recyclebaren Materialien wie Aluminium.

Rink: Die Flexibilität. Viele Optionen beim Bauen offen halten und diese so weit wie möglich anbieten. Natürlich ganz wichtig die gesamtheitliche Betrachtung: Sozial, ökologisch und ökonomisch.

Haumer: Ich muss, aus unserer Profession heraus, über diese Themen weiter hinaus gehen und die Seite der Betriebskosten einbringen. Diese werden in der Zukunft noch mehr Gewicht bekommen und diese gilt es zu optimieren.

Kovacs: Das sind alles ganz wesentliche Faktoren, wie wir auch bei unseren Kundenbefragungen feststellen können. Die Leute sind sehr hellhörig und interessieren sich für Nachhaltigkeit und Energieeffizienz. Wir haben uns im Unternehmen entschieden nur mehr Niedrigenergiehäuser zu bauen. Es ist von der EU vorgeschrieben, dass ab 2020 jeder Neubau energieautark sein muss. Das System ist allerdings heute noch nicht kaufmännisch. Die Technik muss eine andere werden - oder die Förderbestimmungen ändern sich.

Haumer: Je mehr wir in den gewerblichen Bereich gehen, desto mehr ist man kaufmännisch orientiert. Wenn es keine Auflagen gibt, dann werden energieeffiziente Maßnahmen weggelassen, weil sich die Technologie extrem schnell entwickelt. Was ich jetzt einbaue, muss ich so kalkulieren, dass ich einen Return of Investment in den nächsten zwei Jahren schaffe. Das ist aber kaufmännisch und technisch unmöglich. Jeder Experte im Bereich Photovoltaik wird das bestätigen. Man müsste seitens der öffentlichen Hand Anreize schaffen, die Technologie in der jetzigen Form einzusetzen.

Einige sagen: Werthaltigkeit endet, wo ein neuer Techniksprung gemacht wurde.

Kovacs: Das sehe ich nur bedingt so, denn Werthaltigkeit an sich hat ja nicht nur mit Technik zu tun. Es ist eine prinzipielle Einstellung, die schon mit der intelligenten Planung beginnt. Wenn es neue Ideen gibt, dann kann man eine Immobilie verbessern, aber letztendlich bleibt sie nachhaltig.

Rink: Wir haben heute, auf Basis unseres derzeitigen Wissens, einen bestimmten Stand der Technik. Daraus definieren wir Nachhaltigkeitskriterien. Wenn es technische Optionen gibt die in das System des Gebäudes passen, wird jeder Verbesserungen vornehmen. Was in zehn Jahren sein wird, lässt sich heute selbstverständlich nicht sagen. Aber was heute nachhaltig gebaut wird, bleibt nachhaltig. Zukünftige Technologien können und werden zur Verbesserung beitragen.

Gschwantner: Ich möchte als Beispiel das im St. Pöltener Regierungsviertel liegende Wirtschaftszentrum Niederösterreich anführen. Da gab es sehr viele von uns verwendete Prototypen, die heute Standard sind. Es hat damals beispielsweise für ein Passivhaus – jetzt Niedrigstenergiehaus - kein Profilsystem gegeben. Aber man hat bereits erkannt, dass Profilsysteme aus Aluminium ein Zukunftsmarkt sind. Daher adaptierten wir ein bestehendes Alusystem dahingehend, dass es den Anforderungen entsprochen hat – und haben so gleichzeitig einen Prototypen geschaffen. Aluminium ist ein von mir bevorzugter Werkstoff, da er leicht einsetzbar, dauerhaft und recyclebar ist. Zudem ist die Technik sehr weit entwickelt.

Die eine Seite ist die technische, die andere der menschliche Faktor. Wenn man individuell und werthaltig bauen will: Wie weit muss man voraus denken und in welche Richtungen?

Kovacs: Unabhängig von Energieeffizienz und Nachhaltigkeit stellt sich bei unseren Kundenbefragungen heraus, dass das Innenleben bei Wohnungen passen und funktionieren muss. Das heißt, ich brauche einen ordentlichen Grundriss, sonst habe ich ein Problem beim Verkauf. Die Architektur ist letztendlich nicht so wesentlich wie eine nachhaltige und energiesparende Fassade. Insofern glaube ich, dass das Thema Individualität gar nicht so wichtig ist. Das Preisleistungsverhältnis muss passen – das trifft auch auf das Gewerbe zu.

Sehen Sie beim Wohnen die Werthaltigkeit darin, dass flexibel gebaut wird und man zum Beispiel Wände verschieben kann?

Rink: Der Trend kann in diese Richtung gehen. Wenn ich die Wahl zwischen zwei Objekten habe, eines mit einem variablen, das andere mit einem starren System, dann wird mir - auf längere Sicht - das flexible System mehr wert sein. Und ich werde dafür auch bereit sein mehr Geld auszugeben.

Gschwantner: Die Realität sieht etwas anders aus. Man will zwar Flexibilität, aber bauliche Gegebenheiten, wie vorhandene Fensterflächen oder der Grundriss setzen Grenzen. Dazu kommen noch die Schwierigkeiten beim Einsatz diverser Techniken, wie beispielsweise bei der Lüftung. Hier müssten Leistungsreserven mit einkalkuliert werden, denn es macht selbstverständlich einen Unterschied ob damit ein, zwei oder drei Zimmer, oder ein Großraumbüro optimal versorgt werden müssen. Im Bürobereich wäre ein offenes System der Idealfall.

Round Table immobilien investment österreich Ausgabe 1/2010 (Download PDF)
immobilien investment österreich

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